E wie Erziehung
Eigentlich sollte man bei der Erziehung zur Stubenreinheit tatsächlich von Konditionierung sprechen.
Zum besseren Verständnis ein Blick in die Menschewelt: Am Anfang machen Baby‘s ihr Geschäft wo sie sitzen oder liegen. Später setzen wir unsere Kinder auf’s Töpchen und freuen uns riesig, wenn der Topf zum ersten Mal mit Inhalt verlassen wird. Hier geht’s schon los mit der Konditionierung: Sobald wir den Druck der Klobrille oder des Töpfchen-Randes unter den Oberschenkeln spüren, dürfen wir loslegen.
Das wird ab jetzt mehrfach täglich geübt, so lange bis das Hirn die unbewusste Verknüpfung / Konditionierung anlegt: Druck unter den Oberschenkeln bedeutet z.B. das körperliche Signal für die Entspannung des Blasenschlussmuskels.
Kinder brauchen bis zu einem Jahr, um sauber zu werden. Von Hunden erwarten wir die gleiche Leistung in einem viel kürzeren Zeitraum. Die Konditionierung, nur dann Urin abzusetzen, wenn man Gras unter den Füßen spürt, braucht auch ein paar Monate. Und je häufiger wir den Hunden die Möglichkeit geben, sich draußen zu lösen, desto schneller entsteht im Hirn die Verknüpfung: Gras = Urin- oder Kotabsatz.
Wenn wir aber zu beschäftigt sind, um tagsüber den anfangs dafür nötigen 1,5 Stunden-Rhythmus einzuhalten, dann wird der Hund sich immer wieder einen alternativen Platz in der Wohnung suchen. Das Hirn kann so keine eindeutige Zuordnung erlernen, wo man sich lösen darf.
Wichtig: Stubenreinheit lernt man NICHT ÜBER EINSICHT, sondern nur durch WIEDERHOLUNG. Wie übrigens fast alles, was in einem Hundeleben gelernt werden muss.
Das richtige Management ist also ein Kernpunkt, um die Stubenreinheit zu erlangen.
G wie schlechtes Gewissen
Passend zu diesem Thema noch ein paar Worte zum sogenannten „schlechten Gewissen“. Viele Besitzer schwören, ihr Hund hätte ein schlechtes Gewissen, weil er mit eingezogenem Kopf oder unterwürfiger Gestik auf die Heimkehr des Besitzers reagiert, wenn er Urin in der Wohnung abgesetzt hat.
Hier liegt ein Interpretationsfehler vor.
Der Hund zeigt sicher beschwichtigendes Verhalten. Aber die Ursache ist ein anderer Lernprozess. „Ich und eine Pfütze oder ein Häufchen in einem Raum wenn Frauchen nach Hause kommt – damit habe ich schlecht Erfahrungen gemacht!“
Ob der Hund geschimpft wurde oder ob Frauchen oder Herrchen im ersten Moment durch „Ach, Mensch schon wieder!“ Ihren Unmut kundtun – so eine Reaktion reicht schon, um diese Verknüpfung im Kopf der Fellnase abzuspeichern.
Entsprechend versucht unser Hund auf seine Art die Situation zu deeskalieren, indem er sich unterwürfig zeigt, um den Menschen bei seiner Heimkehr zu beschwichtigen.
Wenn das als schlechtes Gewissen interpretiert und als Rechtfertigung für die (völlig unsinnige!) Strafe angeführt wird, dann befindet man sich in einem Teufelskreis. Am Ende stehen ein völlig verunsicherter Hund und ein großer Vertrauensverlust zum Besitzer.
Die richtige Reaktion wäre wie folgt: Ich nehme als Besitzer eine Zeitungsrolle, haue sie mir selbst mehrfach auf den Kopf und schimpfe mich selbst: „Du hast das Zeitintervall wieder mal übersehen oder warst in einem anderen Punkt des Trainings nachlässig!“
Den Hund zu strafen, zu schimpfen oder gar körperlich zu maßregeln bringt gar nichts!
Aber was, wenn ich den Hund in flagranti beim urinieren auf dem Fußboden erwische?
Dann reicht ein kurzes „Nein!“ oder „Ssscht!“, um die Tätigkeit entsprechend zu kommentieren. Danach muss es schnell gehen: Für`s Aufwischen bleibt keine Zeit, denn jetzt sollte man den Hund sofort nach draußen tragen oder führen. Das Ganze sollte entspannt wie möglich verlaufen. Auch hier gilt es, die eigenen Emotionen gut zu kontrollieren.
Übertreibe ich es mit dem Kommentar oder schimpfe ich auf dem Weg nach draußen wie ein Rohrspatz, führt das bei dem Hund sicher zu einer Stressreaktion und damit mache ich es immer unwahrscheinlicher, dass er sich kurz danach draußen löst (s.u.)
Wenn wir schnell genug sind und alles entspannt verläuft, kann sich der Hund nach kurzer Zeit draußen entspannen und den Rest seines Geschäftes dort erledigen, wo wir es uns wünschen. Jetzt kann gelobt werden!
Am allerbesten klappt es jedoch mit dem Stubenreinheitstraining, wenn ich als Besitzer dafür sorge, dass durch gutes Zeitmanagement und gute Beobachtung meines Hundes gar keine „Unfälle“ passieren.
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V wie Vegetatives Nervensystem
Unser vegetatives Nervensystem steuert unseren Körper ohne unser Zutun. Wenn wir im Stress sind, aktiviert das Nervensystem den Bereich, der für Flucht oder Kampf – „fight or flight“ – zuständig ist. Dabei wird die Verdauung und damit auch die Ausscheidung stillgelegt.
Der sehr aufgeregte Hund geht also Gassi, hat auch eine volle Blase, aber er leert sie nicht oder nur unvollständig. Denn das vegetative Nervensystem (in diesem Fall der so genannte Sympathikus) funkt lauthals „Achtung, Gefahr! Jeden Moment musst Du vielleicht flüchten oder Dich verteidigen!“ Unter diesem Einfluss können sich viele Hunde nicht so weit entspannen, dass sie die Blase oder den Darm entleeren können.
Wir brauchen in so einem Fall also einen Entspannungsort, um den Gefahrenmodus auszuschalten und endlich zu entspannen (und alle Geschäfte zu machen). Denn lässt man diese Entspannungs-Zone aus und kehrt zurück nach Hause, entspannt sich der Hund nach 10 Minuten, um dann („obwohl wie doch gerade Gassi waren“) auf Frauchens Teppich eine große Pfütze zu machen.
RAT: Mit ängstlichen Hunden vor UND nach dem Spaziergang eine Entspannungswiese aufsuchen und dort an der langen Schleppleine oder ohne Leine 5-20 Minuten stehen bleiben bis er sich löst. Gut geeignet ist natürlich auch der Garten oder ein ruhiger Hinterhof.
U wie Unterwürfigkeitsharnen und Excitement Urination
Wenn Freunde zu Besuch kommen gibt es Hunde, die den Besuch extrem stürmisch und hocherfreut begrüßen. Dabei löst sich, oft während des Herumspringens, immer wieder tröpfchenweise Urin. Man nennt dieses Phänomen Excitement-, also Aufregungs-Urinieren. Es wird vor allem von jungen, sehr lebendigen Hunden gezeigt. Am besten begrüßt man solche Hunde draußen vor der Tür. Außerdem sollte der Besuch sich dem Hund möglichst gleichgültig gegenüber zeigen. Auch ein Training gegen das freudige Anspringen und statt dessen ein kontrolliertes „Sitz“ hilft, diese Form der Unsauberkeit zu verhindern.
Anders verhält es sich beim Unterwürfigkeitsharnen. Dies betrifft vor allem sehr unsichere Hunde. Das „Submissive“-Urinieren ist eine natürliche Geste bei der Begrüßung von einem rangniedrigen Tier gegenüber einen ranghöheren. Dabei kauert sich das Erstere zusammen und lässt mehr oder weniger Urin auf den Boden laufen. Unsichere Hunde zeigen das gleiche Verhalten bei der Begrüßung von Menschen. Auch hier ist es das Beste, die Hunde gar nicht zu beachten. Um zu viel Herumwischen und Aufmerksamkeit auf die Pfütze und damit auch das Tier zu vermeiden, empfehle ich, die Begrüßung nach draußen zu verlegen. Dann sind alle viel entspannter und das Putzen spart man sich auch.
Bei allen Fragestellungen der Unsauberkeit ist eins ganz wichtig: Sie sollten Ihren Hund niemals dafür bestrafen. Damit wird man Verhalten auf keinen Fall verbessern, meist wird es statt dessen sogar noch schlimmer. Im Zweifelsfall holen Sie sich immer Rat bei einem Tierarzt für Verhaltenstherapie. Bei diesen Fachtierärzten verbindet sich das Fachwissen von Erziehung, Training und Verhalten mit dem medizinischen Know-how für potentielle Diagnosen. Denn auch Krankheiten können in jedem Alter zum Verlust der Stubenreinheit führen. Je früher sie entdeckt und behandelt werden – umso besser für Frauchen/Herrchen und den heißgeliebten Vierbeiner.