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Darf mein Welpe mit jedem Hund im Park spielen?

„Kann mein Welpe nicht einfach mit allen Hunden im Park spielen? Das ist doch gut für die Sozialisation, oder?“ Schließlich sollen Welpen andere Hunde kennenlernen, Erfahrungen sammeln und „soziale Kompetenz“ entwickeln. Doch so einfach ist es nicht.

Der Mythos: „Die regeln das schon unter sich“

Viele Welpenbesitzer hören am Rand der Hundewiese Sätze wie: „Lassen Sie die mal machen, die Hunde regeln das schon!“
Diese Aussage hält sich hartnäckig – und ist brandgefährlich. Denn Hunde „regeln“ Konflikte oft nicht so, wie wir uns das wünschen. Ein erwachsener Hund, der einen distanzlosen Welpen rüde abwehrt, kann durchaus Verletzungen verursachen. Noch schwerwiegender: Solche Erlebnisse prägen. Ein einziger grober Angriff reicht manchmal aus, um einen jungen Hund für Jahre oder gar dauerhaft unsicher oder aggressiv gegenüber Artgenossen zu machen.

Spiel oder Ernst? – Warum Fachwissen zählt

Damit ein Hundekontakt für Welpen sinnvoll ist, muss man unterscheiden können, ob es sich tatsächlich um Spiel handelt oder ob andere Emotionen im Spiel sind:

  • Spiel ist durch Wechsel gekennzeichnet: mal jagt der eine, mal der andere. Es gibt Pausen, Unterbrechungssignale und eine gewisse Ausgeglichenheit.

  • Kein Spiel liegt vor, wenn ein Hund permanent dominiert, der andere flüchtet oder sich wiederholt unwohl zeigt.

Die feinen Calming Signals – also beschwichtigende Signale wie Kopfabwenden, Blinzeln, Gähnen oder langsames Bewegungen – sind hier entscheidend. Wer sie lesen kann, erkennt frühzeitig, wann es kippt.

Für Laien ist das in Echtzeit oft kaum zu erfassen. Ein hilfreicher Tipp: Kontakte auf Video aufnehmen und später in Ruhe anschauen. Dabei sieht man plötzlich Details, die live völlig untergegangen sind – oft fünfmal mehr als man zunächst wahrgenommen hat.

Warum Distanzlosigkeit ein Problem ist

Welpen kennen oft keine höfliche Distanz. Sie rennen freudig und direkt auf fremde Hunde zu – in your face, wie man im Englischen sagt. Manche erwachsene Hunde reagieren souverän und setzen klare, aber faire Grenzen. Dabei kann auch mal laut geknurrt werden. Doch viele sind von solch distanzlosem Verhalten genervt oder überfordert. Die Folge können Schnappen oder gar heftige Abwehrreaktionen sein.

Natürlich ist es grundsätzlich sinnvoll, dass Welpen lernen, wie erwachsene Hunde Grenzen setzen. Aber: Das sollte in einem sicheren, kontrollierten Rahmen passieren. Nur so wird aus einer Grenzsetzung eine wertvolle Lernerfahrung – und nicht ein traumatisches Erlebnis.

Warum strukturierte Welpenspielstunden so wichtig sind

Genau hier setzt unser PuppyPlan-Konzept bei SIRIUS an. In der Welpenspielstunde lernen Hunde nicht nur, mit Gleichaltrigen zu interagieren. Sie üben auch, Körpersprache zu verstehen, Grenzen zu respektieren und höfliche Kontaktaufnahme.

Mehrfaches Training pro Woche ist empfehlenswert, denn es ersetzt ein Stück weit den Kontakt zu den Wurfgeschwistern, den Welpen sonst in dieser Lebensphase hätten. Der Rahmen ist kontrolliert, die Hunde sind passend ausgewählt, und Fachleute achten darauf, dass Spiel wirklich Spiel bleibt.

Übrigens: Auch chaotische Welpen-Kurse mit zu vielen oder zu unterschiedlichen Welpen aller Altersstufen schaden der Entwicklung!

Ein weiterer wichtiger Aspekt: Viele positive Erfahrungen bilden einen Puffer. Wenn ein Welpe in den ersten zwei bis drei Monaten regelmäßig im Welpenspiel positive Begegnungen hat und dort freundliche, faire Interaktionen erlebt, dann steckt er später eine einzelne negative Erfahrung sehr viel besser weg. Diese Vielzahl an guten Kontakten wirkt wie ein emotionales Schutzschild – eine einzelne ruppige Situation bestimmt dann nicht den weiteren Verlauf seiner sozialen Entwicklung.

Begegnungen im Park – Chancen und Risiken

Das bedeutet nicht, dass der Park tabu ist. Im Gegenteil: Auch dort sollte Dein Welpe Erfahrungen sammeln. Doch wie bei allen Lernschritten kommt es auf die Gestaltung an:

  • Nicht jeder Hund ist ein geeigneter Spielpartner.

  • Kontakte sollten schrittweise aufgebaut werden.

  • Qualitative Begegnungen sind wertvoller als Quantität.

Es macht wenig Sinn, den Welpen „auf die Wiese zu werfen“ und zu hoffen, dass schon alles gut geht. Viel hilfreicher ist es, gezielt geeignete Hundekontakte zu organisieren. Das können souveräne, freundliche erwachsene Hunde sein oder ebenfalls junge Hunde, die sozial verträglich sind.

Die Schutzzone – warum wir uns in die Hocke setzen

Ein praktischer, oft unterschätzter Trick in den ersten Wochen ist das bewusste In-die-Hocke-Gehen. Wenn wir uns klein machen und der Welpe zwischen unseren Beinen sitzen darf, entsteht für ihn eine klare Schutzzone. Dort kann er sich zurückziehen, wenn ein fremder Hund zu offensiv wird oder das Spiel zu stressig erscheint.

Diese Haltung hat gleich mehrere Vorteile:

  • Der Welpe erlebt, dass er Schutz findet, wenn er ihn braucht.

  • Er lernt, Verantwortung an den Menschen abzugeben, statt selbst in die Leine zu springen, zu bellen oder aggressiv zu werden.

  • Er bleibt handlungsfähig, weil wir ihn nicht festhalten. Möchte er die Schutzzone verlassen, kann er das jederzeit tun.

Unsere langen, aufrecht stehenden Beine bieten einem kleinen Hund keinen passenden emotionalen Schutz – aus seiner Perspektive ist alles auf Augenhöhe wichtig. Wenn wir dagegen in die Hocke gehen, verändert sich die Situation komplett: Wir sind plötzlich präsent, erreichbar und ein sicherer Hafen. Viele Welpen, die ohne diese Möglichkeit in Panik einfach davonlaufen würden, lernen so, schwierige Situationen auszuhalten und auf uns zu vertrauen.

Praktische Lösungen für den Alltag

  • Gezielte Hundekontakte wählen
    Verabrede Dich mit Besitzern von freundlichen, gut sozialisierten Hunden. So lernt Dein Welpe, dass Begegnungen angenehm sein können und dass andere Hunde nicht bedrohlich sind.

  • Begegnungen dosieren
    Weniger ist mehr. Lieber eine kurze, entspannte Begegnung als ein überdrehtes Durcheinander mit zehn fremden Hunden.

  • Videoanalyse nutzen
    Nimm Begegnungen mit dem Handy auf. Später entdeckst Du in Ruhe, ob Dein Hund sich wohlgefühlt hat oder ob Stresssignale übersehen wurden.

  • Spiel unterbrechen
    Ein gutes Training bedeutet auch, Spiel zu steuern. Kurze Pausen einzubauen, den Hund zurückzurufen und dann wieder loszulassen, fördert Impulskontrolle und verhindert, dass sich ein Spiel „hochschaukelt“.

  • Training statt Chaos
    Im Park geht es nicht immer um Spielen. Auch gemeinsames Nebeneinandergehen, gemeinsames Schnüffeln oder ruhiges Aushalten von Distanz sind wertvolle soziale Lernerfahrungen.

  • Hundewiesen mit Vorsicht genießen
    Bedenke: Auf einer unkontrollierten Hundewiese weißt Du nie, welche Erfahrungen Dein Welpe gerade macht. Manchmal ist es besser, eine Situation zu meiden, statt ein Risiko einzugehen.

Sozialisation heißt nicht: „Spiel mit allen“

Der wichtigste Punkt: Sozialisation bedeutet nicht, dass Dein Welpe mit jedem Hund spielen muss. Vielmehr geht es darum, angemessene Strategien im Umgang mit Artgenossen zu entwickeln: höflich anfragen, Grenzen akzeptieren, Distanz halten, Spiel genießen, aber auch beenden können.

Manchmal ist die wertvollste Lernerfahrung, dass zwei Hunde einander einfach respektvoll ignorieren.

Fazit

Welpen brauchen Sozialkontakte – aber nicht um jeden Preis. Begegnungen im Park können wertvoll sein, wenn sie wohlüberlegt, dosiert und kontrolliert stattfinden. Strukturierte Welpenspielstunden nach dem PuppyPlan-Konzept schaffen die Grundlage, damit Dein Hund im Alltag sicher und souverän agieren kann.

Oder anders gesagt: Dein Welpe muss nicht mit jedem Hund im Park spielen – aber er sollte lernen, mit jedem Hund umgehen zu können.

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